Panel 1: Musik als Mittel der politischen Intervention

Freitag, 28.10.2022, 14:00–15:30 Uhr

Ort: Franz Liszt-Saal, Lothringerstraße 18

Musik ist ein machtvolles Mittel, um auf eigene Anliegen aufmerksam zu machen, sei es direkt, durch die musikalische bzw. textinhaltliche Gestaltung, sei es indirekt, durch ihre Verwendung und kontextuelle Einbettung. Dieser Einsatz von Musik als Mittel der politischen Intervention ist auch in Österreich durch zahlreiche Beispiele belegt. In diesem Panel diskutieren Menschen, die in verschiedenen politischen Zusammenhängen mit ihrer Musik gesellschaftliche Kämpfe unterstützen, Missstände bewusst machen sowie zum Nachdenken darüber und zum Handeln anregen.

Es soll u.a. folgenden Fragen nachgegangen werden: Welche Rolle spielt Musik allgemein im politischen Aktivismus von Minderheiten in Österreich? Warum wählen Musikschaffende diesen Weg? Was ist der gesellschaftspolitische Hintergrund? Gibt es (internationale) Vorbilder oder werden/wurden Praktiken individuell erarbeitet? In welchen Musikstilen und Szenarien bewegen sich diese Interventionen? Wie werden musikalische Praktiken durch politische Positionen und Auseinandersetzungen beeinflusst? Was kann als Erfolg einer solchen musikalischen Intervention gewertet werden?
 

Am Podium:

Isabel Frey ist eine Künstlerin, die etwas zu sagen hat, ihre Meinung vertritt und dies vor allem auch über das Spielen von alten jiddischen Revolutions- und Widerstandsliedern tut. Die in Wien lebende jüdische Sängerin stieß vor wenigen Jahren auf ihrer Suche nach einer säkularen und progressiven jüdischen Identität in der Diaspora auf die Tradition und die Musik der jüdischen Arbeiter*innenbewegung, die – blickt man sich nur einmal um, was heutzutage in Bezug auf Ausbeutung, Migration und die Unterdrückung von Frauen weltweit passiert – nichts von ihrer Aktualität und Relevanz eingebüßt haben. Außerdem schreibt sie ihre Dissertation über jiddische Lieder und betreibt gemeinsam mit Benjy Fox-Rosen künstlerische Forschung am Music and Minorities Research Center. Website: www.isabelfrey.com

Esra Özmen ist Rapperin, bildende Künstlerin, Performerin, Songwriter, Kulturarbeiterin und Workshopleiterin in Rap/Gesang/Reimen/Texten. Sie absolvierte ihr Studium 2016 an der Akademie der bildenden Künste Wien in der post-konzeptuellen Kunst-Klasse. Gemeinsam mit ihrem Bruder Enes bildet sie das Duo EsRAP. Die beiden Geschwister beschäftigen sich in ihren gemischt deutsch/türkischen Texten mit Fragen der Identität, dem Fremdsein im eigenen Land als Kinder der dritten Generation, die am eigenen Leib erfahrene Notwendigkeit des Aufbegehrens, Rap als Widerstand und auch dem Frausein in der männerdominierten Hip Hop Welt. Im Gegensatz zur üblichen Rollenaufteilung in dieser steuert Esra die harten und schnellen Reime bei, während Enes mit seiner feinfühligen Stimme die melodischeren Vokalparts übernimmt. Damit zeigen sie auf, wie mit einem Medium wie Rap auf politische und gesellschaftliche Problemstellungen reagiert und Widerstand geleistet werden und wie man/Frau sich Gehör verschaffen kann. „Ist Rap die Stimme des Subalternen? Wer definiert sich als subaltern? Wer kategorisiert dich als subaltern? Sind Migrant_innen subaltern? Sind wir uns überhaupt bewusst, dass wir in bestimmte Teile kategorisiert werden?“ Musikalisch finden EsRAP Inspiration im türkisch-orientalischen Genre Arabeske, das sie gerne mit modernen Beats verbinden. Nach einigen Eigenreleases auf digitalen Kanälen veröffentlichen EsRAP seit 2018 auf dem Berliner Label Springstoff. Ihr Debutalbum „Tschuschistan“ (Springstoff 2019) wurde vom Österreichischen Musikfonds gefördert. 2022 erschien das zweite EsRAP Album „Mamafih“. 2020 und 2021 kuratierte Esra Özmen das Wiener Popfest gemeinsam mit Herwig Zamernik aka Fuzzman.

Joško Vlasich, *1950, aufgewachsen in Großwarasdorf/Veliki Borištof; lernte Deutsch erst in der Volksschule; 1962-70 BRG Eisenstadt, danach Germanistik und Slawistik (Russisch, Kroatisch) an der Universität Wien, ab 1978: Pädagoge, Kulturarbeiter, Redakteur und Politiker. Mitbegründer der KUGA Großwarasdorf/VelikiBorištof, des „Mehrsprachigen offenen Radios MORA“ und der Krowodnrockband BRUJI, die er 1980 gemeinsam mit seinen damaligen Kollegen gründete. Er schreibt Großteil der BRUJI-Texte, ist Sänger und komponiert gemeinsam mit seinen Bandmitgliedern die BRUJI-Lieder. Freier Schauspieler in Kobersdorf (Krach in Chiozza, Dreigroschenoper u.a.), Posthof Linz; Theater Akzent in Wien. Filme: Hochzeit auf dem Lande, Muttertag, Kaisermühlenblues.

 


Moderation:

Malik Sharif ist Forschungskoordinator und stellvertretender Leiter des MMRC. Er studierte Musikologie und Philosophie in Graz und Halle an der Saale und promovierte 2017 an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz in Ethnomusikologie. Vor seiner Tätigkeit am MMRC arbeitete Sharif in Forschung und Lehre sowie im Forschungsmanagement und als Assistent der Vizerektorin für Forschung an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz. Er war außerdem der Geschäftsführer eines nicht-kommerziellen Community-Radios und hat zahlreiche Konzerte als Musiker in verschiedenen Popularmusikformationen gespielt.